Musterlösungen Übungsblatt 17

Aufgabe 17.1.
Sei \((X,d)\) ein vollständiger metrischer Raum und \(M\subset X\) eine Teilmenge. Durch Einschränkung der Metrik wird \((M,d)\) zu einem metrischen Raum. Es bezeichne \((\widehat M,\widehat d)\) die Vervollständigung von \((M,d)\) und \(\overline{M}\) den Abschluss von \(M\) in \(X\). Konstruieren Sie stetige Abbildungen \[ \alpha\colon (\widehat M,\widehat d) \to (\overline
M, d) \quad\text{und}\quad \beta\colon (\overline M, d) \to (\widehat
M,\widehat d), \] die zueinander invers sind (d.h. es gilt \(\beta\circ \alpha
= \mathrm{id}_{\widehat M}\) und \(\alpha\circ\beta = \mathrm{id}_{\overline
M}\)).

Lösung 17.1.
Die Inklusion \(a\colon M\to X\) ist metrikerhaltend und folglich gleichmäßig stetig. Die universelle Eigenschaft der Vervollständigung liefert eine gleichmäßig stetige Abbildung \(\widehat{a}\colon \widehat{M}\to X\). Zu zeigen ist, dass das Bild dieser Abbildung in \( \overline{M}\) enthalten ist und folglich \(\widehat{a}\) eine gleichmäßig stetige Abbildung \(\alpha\colon \widehat{M}\to\overline{M}\) beschreibt.

Argumentation via Cauchy-Folgen: Sei \(\widehat{m}\in\widehat{M}\) gegeben als Äquivalenzklasse einer Cauchy-Folge \((m_n)_n\) in \(M\). Dann ist \(\left(a(m_n)\right)_n\) eine Cauchy-Folge in \(X\), die gegen einen Grenzwert in \(X\) konvergiert. Dieser Grenzwert einer Cauchy-Folge in \(M\) liegt aber immer in \(\overline{M}\). Also gilt \(\alpha(\widehat{M})\subseteq \overline{M}\).

Argumentation via Filter: Sei \(\widehat{m}\in\widehat{M}\) repräsentiert als ein Cauchy-Filter \(F\) und \(a_*F\) der Bildfilter. Da \(a\) gleichmäßig stetig ist, ist dies ein Cauchy-Filter in \(X\) und enthält wegen der Vollständigkeit von \(X\) den Umgebungsfilter eines Punktes \(x\in X\). Wäre \(x\in X\setminus\overline{M}\), so wäre \(X\setminus\overline{M}\) eine Umgebung von \(x\) und folglich enthalten im Bildfilter \(a_*F\). Andererseits gilt \(a(M)=M\in a_*F\). Diese beiden Mengen haben allerdings leeren Durchschnitt und können damit nicht gleichzeitig in einem Filter enthalten sein. Folglich gilt \(\alpha(\widehat{M})\subseteq\overline{M}\).

Die Konstruktion von \(\beta\) via Cauchy-Folgen: Sei \(\overline{m}\in \overline{M}\) gegeben und \((m_n)_{n\in \mathbb N}\) eine gegen \(\overline{m}\) konvergierende Folge in \(M\). Dann ist \((m_n)\) eine Cauchyfolge in \(M\), deren Äquivalenzklasse das Bild \(\beta(\overline{m})\) beschreibt.

Die Konstruktion von \(\beta\) via Cauchy-Filter: Sei \(\overline{m}\in \overline{M}\) gegeben und \(V\subset X\) eine Umgebung von \(\overline{m}\). Dann ist \(V\cap M\not=\emptyset\). Insbesondere ist das Urbild \(a^{-1}\left(\mathcal U(\overline{m})\right)\) des Umgebungsfilters ein Cauchy-Filter in \(M\). Dessen Äquivalenzklasse beschreibt den Punkt \(\beta(\overline{m})\).

Die Abbildung \(\beta\) ist isometrisch und folglich gleichmäßig stetig. Die Komposition \(\beta\circ\alpha\colon \widehat{M}\to \widehat{M}\) ist eine gleichmäßig stetige Abbildung, welche die identische Abbildung auf \(M\) vervollständigt. Wegen der Eindeutigkeit der vervollständigenden Abbildungen muss gelten \(\beta\circ\alpha=\mathrm{id}_{\widehat{M}}\).

Ebenso ist die Abbildung \(\alpha\circ\beta\) gleichmäßig stetig und setzt die identische Abbildung auf \(M\) fort. Für Cauchy-Folgen \((m_n)\) in \(M\) gilt \(\left(\alpha\circ\beta(m_n)\right)=(m_n)\). Wegen der gleichmäßigen Stetigkeit vertauschen Grenzwerte mit der Abbildung:\[\alpha\circ\beta(\overline{m})=\alpha\circ\beta\left(\lim_{n\to\infty} m_n\right)=\lim_{n\to\infty}\left(\alpha\circ\beta(m_n)\right)=\lim_{n\to\infty}m_n=\overline{m},\] das heißt \(\alpha\circ\beta=\mathrm{id}_{\overline{M}}.\) Das war zu zeigen.

Aufgabe 17.2.
Es sei \(B([a,b])\) die Menge der beschränkten Funktionen \(f\colon[a,b]\to\mathbb R\) versehen mit der Supremumsmetrik \( d_\infty(f,g)=\sup_{x\in[a,b]}|f(x)-g(x)|\).

(a) Zeigen Sie, dass \((B([a,b]),d_\infty)\) vollständig ist.

(b) Zeigen Sie, dass die Menge der stetigen Funktionen \(C([a,b])\) eine abgeschlossene Teilmenge von \((B([a,b]),d_\infty)\) ist.

Lösung 17.2.
(a) Ist \((f_n)\) eine Cauchy-Folge von beschränkten Funktionen. Dann ist die Folge \((f_n(x))\) jedes \(x\in [a,b]\) eine Cauchy-Folge in \(\mathbb R\), welche wegen der Vollständigkeit von \(\mathbb R\) gegen einen Wert \(f(x)\in \mathbb R\) konvergiert. Zu zeigen ist, dass die derart definierte Funktion \(f\colon [a,b]\to\mathbb R\) beschränkt ist und dass die Folge \((f_n)\) gegen \(f\) konvergiert.
Es seien für alle \(n\in \mathbb N\) obere und untere Schranken \(S^o_n,S^u_n\) gegeben. Für \(\varepsilon =1\) gibt es nach Voraussetzung ein \(N\in \mathbb N\) mit \(d_\infty(f_k,f_l)\lt 1\) für alle \(k,l\ge N\). Seien \(S^o:=\max_{n\le N}(S^o_n)+1\) und \(S^u:=\min_{n\le N}(S^u_n)-1\). Dann sind \(S^o\) und \(S^u\) gemeinsame obere und untere Schranken für alle \(f_n\) und folglich auch obere und untere Schranken für \(f\).
Für ein vorgegebenes \(\varepsilon\gt 0\) gibt es ein \(N\in \mathbb N\), so dass für alle \(k,l\ge N\) gilt \(d_\infty(f_k,f_l)\lt \frac\varepsilon2\). Insbesondere gilt \(|f_k(x)-f_l(x)|\lt \frac\varepsilon2 \) für jedes \(x\in [a,b]\). Golglich gilt \(|f_k(x)-f(x)|\le \frac\varepsilon2 \lt \varepsilon\) für alle \(x\in[a,b]\) und alle \(k\ge N\), das heißt, es gilt \(d_\infty(f_k,f)\lt \varepsilon\) für alle \(k\gt N\).

(b) Ist \((f_n)\) eine Cauchy-Folge von stetigen Funktionen, so konvergieren diese gleichmäßig gegen eine Grenzfunktion \(f\) im Raum der beschränkten Funktionen. Die Grenzfunktion einer gleichmäßig konvergenten Folge von stetigen Funktionen ist allerdings stetig. Nach Aufgabe 1 folgt die Aussage.

Aufgabe 17.3.
Sei \(d(x,y)=|x-y|\) die übliche Metrik auf \(\mathbb R\). Durch den Ausdruck \[\delta(x,y) = 1 - \left|1 - \Big| \frac{x}{1+|x|} -
\frac{y}{1+|y|}\Big|\right|\] wird eine weitere Metrik definiert. (Dies müssen Sie nicht beweisen!)

(a) Zeigen Sie, dass eine Teilmenge \(U\subset\mathbb R\) genau dann offen bezüglich \(d\) ist wenn sie offen bezüglich \(\delta\) ist. Mit anderen Worten, die Metriken \(d\) und \(\delta\) induzieren die gleiche Topologie auf \(\mathbb R\).

(b) Bekanntermaßen ist \(\mathbb R\) bezüglich \(d\) vollständig. Ist dies auch für \(\delta\) der Fall?

Lösung 17.3.
(a) Die Abbildung \(f\colon \mathbb R\to (-1,1)\) mit \(f\colon x\mapsto \frac{x}{1+|x|}\) beschreibt eine stetige und stetig umkehrbare Abbildung mit \(f^{-1}(y)=\frac{y}{1-|y|}\). Eine Teilmenge des Intervalls \((-1,1)\) ist genau dann offen (bezüglich der üblichen Topologie), wenn das Urbild unter \(f\) offen in \(\mathbb R\) ist.

Ist \(U\subset \mathbb R\) offen bezüglich \(\delta\), so gilt \(U=U_-\cup U_0\cup U_+\) mit \(U_\pm:=U\cap \mathbb R_\pm\) und \(U_0:=U\cap (-1,1)\). Dabei sind \(U_\pm\) und \(U_0\) die \(\frac12\)-Umgebungen von \(\pm1\) und \(0\) bezüglich der Metrik \(\delta\). Auf diesen offenen Mengen stimmt die Metrik \(\delta\) allerdings überein mit der Metrik \(\delta(x,y)=d(f(x),f(y))\) auf dem Intervall \((-1,1)\). Die beiden Metriken induzieren also die gleiche Topologie auf \(\mathbb R\).

(b) Die Folge \(((-2)^n)_{n\in \mathbb N}\) ist eine Cauchy-Folge in \((\mathbb R,\delta)\) ohne Grenzwert.